Der Fremd-Geschäftsführer der GmbH, Arbeitnehmer oder was?
I. Allgemeines: Der GmbH-Geschäftsführer hat eine Doppelstellung inne. Er ist Organ der Gesellschaft und kann jederzeit aus dieser Funktion abberufen werden. Bei der Abberufung handelt es sich um einen körperschaftlichen Rechtsakt. Dieser weist keine Berührungspunkte zum Arbeitsrecht auf. Darüber hinaus werden aber alle Einzelheiten, insbesondere der Verdienst. in einem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag geregelt, welcher normalen Arbeitsverträgen gleichkommt.
II. Anwendung des Arbeitsrechts: Daher stellt sich die Frage, ob und inwiefern Arbeitsrecht auch auf GmbH-Geschäftsführer angewandt werden kann bzw. sogar angewandt werden muss. Bereits dem Wortlaut nach, gilt das Arbeitsrecht nur für Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Absatz I ArbGG. Gerade diese Eigenschaft des Fremd-Geschäftsführers ist aufgrund seiner Doppelstellung umstritten. Eine einheitliche Linie der Rechtsprechung ist bislang nicht erkennbar.
III. Rechtsprechung: Der Bundesgerichtshof (BGH) vertritt die Auffassung, dass GmbH-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer angesehen werden können. Der Repräsentant der Gesellschaft könne aus Sicht des BGH nicht gleichzeitig ein Arbeitnehmer der GmbH sein. Der Geschäftsführer stehe mehr auf Seiten des Arbeitgebers (NZG 2002 S. 46). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält hingegen in besonderen Einzelfällen ein Arbeitsverhältnis für möglich. Entscheidend wäre der Grad der persönlichen Abhängigkeit des Geschäftsführers (NZA 2013 S. 54). Dies richte sich nach den Kriterien zur Abgrenzung von freier Mitarbeit und abhängigem Beschäftigungsverhältnis. Das Bundessozialgericht (BSG) sieht in dem Anstellungsvertrag des Fremd-Geschäftsführers in der Regel ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Organe juristischer Personen wären nicht grundsätzlich ausgeschlossen (NZG 2002 S. 431). Schließlich hat der EuGH in der sog. „Danosa“-Entscheidung die Abberufung einer schwangeren Geschäftsführerin für unwirksam erklärt (GWR 2010 S. 586). Es müsse ein unionsrechtlicher Arbeitnehmer-Begriff Berücksichtigung finden, der auch auf Geschäftsführer einer Gesellschaftsform wie der GmbH Anwendung fände.
IV. Rechtsfolgen: Bislang ist ein GmbH-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer angesehen worden und genoss somit grundsätzlich auch keine Arbeitnehmerschutzrechte, insbesondere keinen Kündigungsschutz. Bei der Beendigung des Anstellungsvertrages waren dann folgerichtig nur die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen einzuhalten. Auch das AGB-Recht (BAG, NZA 2010 S. 939) und das AGG (BGH, NJW 2012 S. 2346) finden auf GmbH-Geschäftsführer Anwendung. Ob ein Weiterbeschäftigungsanspruch nach dem Verlust der Organstellung besteht richtet sich nach dem Anstellungsvertrag, grundsätzlich besteht ein solcher jedoch nicht (BGH, NZG 2011 S. 112). Zu beachten ist jedoch, dass es zumindest denkbar wäre, dass das Arbeitsverhältnis eines zum Geschäftsführer beförderter leitender Angestellter, das lediglich ruht, nach Beendigung des Dienstvertrages wieder auflebt.
V. Ergebnis: Im Rahmen des Einsatzes von Fremd-Geschäftsführern bestehen daher diverse Risiken. Die Pauschale Verneinung der Arbeitnehmerstellung ist daher riskant. Vielmehr bedarf es einer fundierten Einzelfallprüfung.
ANSPRECHPARTNER:
RA Dr. Alexander Hardt | hardt@S2H.legal | +49 421 – 365147-28
RA Michael Nitschke | nitschke@S2H-legal | +49 421 – 365147-28